Zukunft des Reisens?
Er beschreibt in Teilen, wie ich mir eine automobile Zukunft vorstellen kann. Meine Vorstellung ist, dass der öffentliche Verkehr so gut und so flexibel funktioniert, dass ich für den Berufsverkehr kein eigenes Fahrzeug mehr zuschanden fahren muss. Dann kann man völlig problemlos elektrisch fahren und das Fahrzeug wird seinen Nutzwert behalten.
Den Bollinger stelle ich mir mit einem Range Extender vor, den man vorne in den "Motorraum" stellen kann, wenn man ihn benötigt. Mit 200 bis 300 km Akkureichweite wäre das Fahrzeug erst mal ohne Range Extender für alle Alltagsaufgaben gewappnet. Muss es mehr sein, dann stellt man vorne einen Range Extender rein, oder man hängt einen Anhänger mit Range Extender und Tank an, der eine Grösse erreichen kann, dass sogar so mancher Verbrenner in Bezug auf die Reichweite erblassen würde. Im Idealfall kann man einen Range Extender auf dem Anhänger mieten. Man nimmt ihn in A mit und gibt ihn in B ab.
Bei einem Häuschen auf dem Land könnte man sogar dafür sorgen, dass der Range Extender auch zu Hause zu tun hat, wenn man ihn nicht im Auto braucht. Der Range Extender kann für das Haus und für öffentliche Netze intelligent Strom erzeugen und er kann das Haus heizen.
Die Eisenbahn fährt übrigens seit 100 Jahren dieselelektrisch ... nur die Autoindustrie kapiert es nicht. Jede dieselelektrische Lok ist eigentlich eine E-Lok mit einem fest eingebauten Range Extender, der den Strom für die Elektromotoren erzeugt. Ein Antrieb mit zB einer Microgasturbine und einem Elektromotor kombiniert die Vorteile beider Technologien sogar dann, wenn keine Akkus vorhanden sind. Akkus erweitern die Möglichkeiten noch einmal drastisch. Im Auto wäre es optimal, wenn ich diesen Motor mit Generator jederzeit einfach ausbauen kann, wenn ich ihn gar nicht brauche, weil der Akku völlig reicht. Dann bleibt er zuhause und arbeitet dort für mich. Er heizt zB das Haus oder erzeugt Strom, den ich verkaufen kann.
Der Elektromotor ist in der Tat der bessere Motor. Und das sagt einer, der mit Leidenschaft an Verbrennern schraubt und sie auch gerne schneller macht. Warum?
Dieser Motor kann nicht nur "Gas geben" oder beschleunigen, sondern er kann auch bremsen. Dabei kann er sogar noch die Energie, die beim normalen Bremssystem in Wärme umgewandelt wird in die Akkus zurück speissen, er kann rekuperieren. Da ab dem Stand das volle Drehmoment anssteht, braucht so ein Motor kein Getriebe oder nur mit deutlich weniger Stufen als ein herkömmliches Schaltgetriebe. Kupplung? Wozu? Er hat um soviel weniger Teile, dass er auch noch deutlich billiger zu produzieren ist. Der tollere Motor ist ohne Zweifel der Verbrenner und die Geräuschkulisse einer alten 6-Zylinder MV Agusta ist durch nichts zu toppen. Wer schon mal einen grossvolumigen Flugzeug Sternmotor gehört hat, weiss auch wovon ich spreche. Das macht einfach Emotionen, die dem E-Motor völlig fehlen, auch wenn er sogar besser "geht". Diese Emotionen sind es möglicherweise auch, die die Diskussion um die E-Mobilität bestimmen. Das ändert aber alles nichts an der Tatsache, dass der E-Motor in fast allen anderen Belangen der bessere Motor ist.
Man muss sich vor Augen halten, dass viele, die jetzt gegen eine Elektrifizierung des Verkehrs sind, mit fast exakt den gleichen von ihnen benutzten Argumenten vor über 100 Jahren eine Durchsetzung des Verbrennungsmotors zuverlässig verhindert hätten. Diese Argumente, wie fehlende Tankstellen, fehlende Rezyklierungspfade, extrem seltene und teure Materialien mögen sicher real sein, aber vor 1900 stimmte das alles auch und man musste sogar das Benzin in der Drogerie kaufen. Es gab noch nicht einmal viele Bohrstellen zur Rohölförderung, geschweige denn überhaupt Raffinerien. Man stelle sich vor, die Gegner einer Elektrifizierung wären heute mit solchen Dingen konfrontiert.
Ich verstehe nicht, warum man Dinge nicht wachsen lässt, auch mit Subventionen. Ich habe oft den Eindruck, dass aufgrund von Vernachlässigung des ÖV und der Konzentration von Arbeitsplätzen (die Arbeit ist nicht mehr da, wo die Leute leben) sich die Leute gar nicht mehr vorstellen können, wie es wäre, den Individualverkehr nicht mehr zu brauchen, um zur Arbeit zu kommen. Sattdessen hält man es für "Freiheit", wenn man den Individualverkehr nutzen muss. Warum soll jede Lösung erst zu 110% funktionieren müssen, bevor sie akzeptiert wird? Das war noch nie so und wird auch nie so sein. Bei der Elektrifizierung wird aber mit jedem Prozent weniger als 100% argumentiert und die Menschen glauben, es sei ein Grund, warum sich das nicht durchsetzen kann und soll. Das muss erst 100%ig laufen, sonst kann es doch nicht akzeptiert werden, oder? Als ob die jetzigen Lösungen 100%ig laufen würden.
Es wird noch lange Zeit Übergangslösungen geben und eine davon ist der Range Extender. Vielleicht bleibt er sogar für immer, wenn man grosse Reichweiten braucht. Sogar das wäre gar nicht so übel. Mit Elektroantrieben kann schliesslich etwas gemacht werden, was mit der Hochschornsteinpolitik bei der Industrie völlig akzeptiert ist: Man kann Abgase auch verlagern. Das hat durchaus Sinn, wenn man Städte zu Stosszeiten davon befreit.
Es wäre keine schlechte Lösung, denn am meisten "Dreck" verursacht der Verbrenner im Auto durch den dynamischen Betrieb. Stationärmotoren kann man abgastechnisch extrem gut optimieren. Der Range Extender liefe als Stationärmotor ja immer mit einer Drehzahl und die kann man sowohl leistungstechnisch, als auch abgastechnisch optimieren. Beim Umweltschutz wäre also auch dann bereits etwas gewonnen, wenn man Range Extender nutzen muss. Der Range Extender muss vor allem noch nicht einmal ein viertaktgetriebenes Aggregat sein. Auch eine Mikrogasturbine wäre möglich und sogar noch deutlich kleiner bei grösserer Leistung. Dass eine Mikrogasturbine auch bei den Vibrationen deutlich im Vorteil liegt muss nicht erwähnt werden.
Link zu einem Video über Mikrogasturbinen
Website Gasturbinengenerator
Ja, die Zukunft des Reisens, so wie ich es mir vorstelle, könnte mit so einem Auto sein. Der einzige Unterschied zu früher wäre wohl, dass ein Anhänger mit Range Extender dran muss oder ein kleinerer Range Extender vorne drin steht, wo jetzt auch der Motor ist. Damit könnte ich leben. Schliesslich könnte man auch in entlegenen Gegenden den Anhänger mal stehen lassen und könnte mit der Akkuladung recht weit ins Gelände.
Inzwischen habe ich für das Explorer Magazin einen Artikel über Elektroantriebe geschrieben.