Packraft
Wie gesagt, das Prinzip ist es das Gleiche, aber die Materialien unterscheiden sich deutlich. Im Gegensatz zum klassischen Schlauchboot ist das Packraft aus völlig anderen Materialien gebaut und ist damit erheblich leichter und kleiner zusammenfaltbar und auch widerstandsfähiger. Das klassische Schlauchboot aus dickem, schweren Material packt man am Besten in den Kofferraum, den es gut füllt und fährt dann mit dem Auto zum Einsatz. Oder den Kanadier schnallt man auf den Dachgepäckträger. Ein Packraft aber – speziell die einsitzigen Versionen – ist leicht und klein genug, um es in einem Rucksack zu verstauen und auf dem Rücken bei der Wanderung mitzunehmen.
Im Land Rover 110 auf Reisen eröffnet das besondere Möglichkeiten. Als Packsack für das Boot gibt es inzwischen genügend passende Säcke aus fester PVC-Plane mit Rollverschluss sogar mit Rucksackträgern. Der Sack mit dem Packraft und den Schwimmwesten (ca. 70 cm x 30 cm) passt problemlos hinten auf die Werkzeugkiste an der Hecktür. Sie sitzt bei mir da, wo sich beim Defender üblicherweise am Heck das Ersatzrad befindet. Auf das Ersatzrad liesse sich der Sack auch schnallen. Die Doppelpaddel, die in vier Stücke zerlegbar sind, können im Land Rover in einer Kiste verstaut werden, wobei sich das Packraft auch problemlos mit Stechpaddeln bewegen liesse. Alternativ liessen sich Paddel auch seitlich am Dachgepäckträger in Haltern montieren, ohne zusätzlichen Platz zu belegen. Mit dem Packraft wird aus einem Kanu oder Paddelboot, das sonst bei Nutzung extra auf dem Dach verstaut werden müsste (wenn man es nicht ständig dort herum fahren will), also ein „immer dabei“, weil es klein und leicht genug ist. Speziell auf Reisen ist das wertvoll. Das Kokopelli Twain wiegt nur 6,5 kg und braucht in der Rolle verstaut nur sehr wenig Platz
Nun zum Einsatz. Als erstes steht Auspacken und Aufpumpen auf dem Plan. Man legt das Boot aus und steckt schon mal den separaten Boden hinein. Heutzutage benutzt man keine klassische Luftpumpe mehr. Die würde der „Leicht-und-klein-Philosophie“ eines Packraftes auch deutlich widersprechen. Selber pusten führt auch bei Nichtrauchern schon mal zu Schwindel. Man nimmt einen Pumpsack, der im Lieferumfang vorhanden ist. Den muss man sich vorstellen wie einen aus hauchdünnem Textil bestehenden Sack, mit dem man Luft mit einer Bewegung einfängt, ihn dann am offenen Ende zu knüllt und die entstehende Blase dann in das Boot durch ein Ventil am anderen Ende des Sackes „aus streift“. Das geht nach etwas Übung erstaunlich schnell. Am Anfang ist man sinnvollerweise zu zweit, was es einfacher macht. Man hat das Prinzip aber recht schnell durchschaut und kann es dann auch alleine machen. Der Pumpsack ist verpackt so klein, dass man ihn in die Hosentasche stecken kann. Versuch‘ das mal mit einer Luftpumpe ...
Beim Kokopelli Twain sind 2 bis 3 Kammern zu befüllen. 2 bis 3? Ja, das Boot selbst besteht aus zwei Kammern, dem Bug und das Heck. Der einlegbare Boden im Boot ist die dritte Kammer. Ohne diesen separaten Boden gibt es nur eine dicke Plane am Boden des Bootes. Es ist eine recht dicke Plastikplane, auf der man durch die aufblasbaren Sitze mit Rückenlehne auch sitzen kann, ohne sich einen kalten Hintern zu holen. Der einlegbare aufblasbare Boden sieht aus wie eine Luftmatratze in Bootsform. Er IST auch eine. Mit wenig Ansprüchen kann man drauf schlafen. Es ist zu empfehlen ihn gleich in luftlosem Zustand ins Boot einzulegen und drin aufzublasen, denn aufgeblasen legt er sich schwer ein. Das Boot funktioniert auch ohne diesen Boden, aber man hat dann eben über diese Plane Kontakt zum kalten Wasser. Dafür muss man dann nur 2 Kammern aufpumpen. Der Boden macht das Boot aber stabiler und bequemer. Es liegt auch nicht alles gleich im Spritzwasser, denn das sammelt sich unter dem aufblasbaren Boden. Alles bleibt trockener. Ausgepackt und aufgepumpt ist das Boot zu zweit in 15 Minuten.
Das Kokopelli Twain scheint zur Zeit das einzige Boot zu sein, dass am Unterboden des Hecks eine einsteckbare Finne hat.
Diese Finne erhöht die Nutzbarkeit ungemein, denn sie sorgt dafür, dass es trotz des flachen Bodens erheblich besser geradeaus läuft. In sehr niedriges Wasser kann man dann nicht mehr so gut fahren, aber die Stabilitätsvorteile im Geradeauslauf überwiegen. Lenken kann man trotzdem nur über die Paddel, aber das Boot dreht sich dann bei Weitem nicht so leicht. Als ich einmal die Finne vergass, wurde auch Seitenwind zu einem grösseren Problem als sonst. Wie bei einem hoch aufragendem Boot nicht anders zu erwarten, ist die Windangriffsfläche gross und es wird darum ohne Finne noch leichter herum gedreht. Ein an die Finne gebautes Ruder würde das Boot eventuell sogar mit den Füssen lenkbar machen (a`la Kajak mit Fusspedalruder). Mangels Platz für Pedale könnte man aber nur mit Fussschlaufen arbeiten. Eine Notwendigkeit gab es dafür bisher nicht und man könnte so etwas nur selbst basteln.
Speziell dieses Boot empfinde ich nicht als Boot für lange Touren zu zweit, weil sich unter dem Strich dann doch nur wenig Gepäck verstauen lässt. Das würden wohl recht spartanische Touren werden und da nimmt man besser zwei Einsitzer. Für Touren alleine bietet es als Zweisitzer allerdings sehr viele Staumöglichkeiten. Ist man zu zweit unterwegs, reicht der Stauraum für Tagesgepäck ohne Probleme aus. Interessant scheint auch die T-Zip Version zu sein, bei der man durch einen druckdichten Reissverschluss Gepäck IM Bootsschlauch verstauen kann. Eine clevere Idee, die auch längere Touren zu zweit komfortabler möglich macht, aber für meinen Einsatzzweck nicht nötig ist.
Das Boot hat einstellbare aufblasbare Sitze mit Lehnen, die man in einem begrenzten Bereich nach vorne oder hinten verschieben kann. Ich sitze mit meinen 1,85m hinten und meine Freundin mit 1,70m vorne. Diese Konfiguration geht noch recht gut, aber viel grösser sollte man hinten nicht sein. Dann wird es schon etwas eng. Es kommt immer darauf an, wie viel Gepäck man dabei haben will.
Was sich ebenfalls anbietet ist einfache Wasserschuhe an zu haben. Es erleichtert den Gang aufs Wasser erheblich und im Boot kann man damit nichts beschädigen und holt sich nicht so leicht kalte Füsse.
Als Boot für unterwegs ist es für mich absolut passend. Durch die Wildwassertauglichkeit ist es robust genug. Es ist klein genug, es immer dabei zu haben und es ist schnell genug einsatzbereit. Ein billiger Spass ist es nicht, aber die Option, dass es auf Reisen unkompliziert verstaubar ist und dass es immer dabei sein kann ist wertvoll
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